Vor Kurzem fiel mir wieder mal auf, wie gut eigentlich das (angeblich) altmodische Stricken von Socken und unser modernes Leben zusammenpassen.
Durch die viel beschworene Mobilität haben wir jede Menge Gelegenheit oder auch Notwendigkeit, unterwegs zu sein. Trotz all der Dinge, die inzwischen online erledigt werden können, sind wir auf Achse. Zum Job, nach Hause, zu geschäftlichen Besprechungen oder Konferenzen, zu Freundes- und Familienbesuchen, zu Arztterminen oder auf dem Weg in den Urlaub. Im Auto, Zug, Bahn, Flugzeug oder Schiff.
Und viele dieser Reiseminuten vertrödelt man mit dem Blättern in Zeitschriften, Nachrichten am Handy abrufen oder schreiben oder Nichtstun. Während das alles weder schlecht noch ungesund ist, wäre es doch eine wunderbare Möglichkeit, eine ‚kleine Dosis‘ Stricken einzuschieben.
Und besonders eignet sich das Stricken von Socken, denn
Was du für ein Paar Socken benötigst, passt locker in die Durchschnittshandtasche!
(Beatrix Lischka-Schiele)
Warum gerade Socken so unglaublich praktisch fürs mobile Stricken sind, erfährst du jetzt.
Darum geht es hier
Stricken unterwegs
Gewicht und (Aus)Maße
Grob über den Daumen gepeilt wird dein „Strickprojekt Socken“ unterwegs nicht mehr zu Buche schlagen als eine Tafel Schokolade (100 gr.) und eine kleine Tube Handcreme (50 gr.). Und wahrscheinlich hast du auch länger was davon.
Die kurzen Nadeln, auch Spielnadeln genannt, sind entweder 15 cm oder 20 cm lang, dadurch stören sie kaum in der (Hand)Tasche oder dem Rucksack. Noch etwas einfacher wird es, wenn du deine Socken auf einer Rundstricknadel für unterwegs verstaust. Denn dadurch entfällt die zusätzliche Sicherung der Nadeln und der Strickarbeit. Mehr Details für Nadelsicherungen findest du in unter ‚Bereite den Bündel vor‘ 2. Hilfsmittel
Diese „kompakten“ Nadeln sorgen auch dafür, dass andere Passagiere (egal ob ÖPNV, Flieger oder Auto) sich nicht durch Metall- oder Holzspitzen bedroht fühlen. Oder gar verletzt werden könnten… Außer, du legst es darauf an.
Stellst du dir öfters die Frage: „Wie habe ich das nochmal beim Vorderteil/Rückenteil oder beim anderen Ärmel gemacht?“, dann gibt es noch ein weiteres Argument für das Strickprojekt Socken.
Wenn du unterwegs bist, ist das Zusatzgewicht des zweiten Sockens vernachlässigbar. Du kannst also problemlos den bereits fertigen Socken zur Hand nehmen und nachschauen. So siehst du genau, wie viele Reihen der Schaft haben muss, wie lang das Bündchen ist oder wie viele Zu- oder Abnahmen in Ferse oder Spitze gemacht wurden.
Maschen und Muster
Grundsätzlich hast du bei Socken eine recht geringe Maschenzahl. Außer im Fersen- und Spitzenbereich bleibt die auch noch unverändert, was für entspanntes ‚Geradeaus-Stricken‘ sorgt. Diese wenigen Maschen sind außerdem auf mehreren Nadeln verteilt (beim Nadelspiel), d.h. zwischendrin die Maschenzahl zu prüfen, ist meist mit einem Blick möglich.
Oft führt es bei Strickerinnen zu Frust, wenn sie „nur noch schnell“ eine Reihe fertig stricken wollen, bevor man sich der nächsten Aufgabe zuwendet. Da hast du bei Socken gute Karten, denn so eine Reihe bzw. Runde hat nur ca. 60 Maschen (keine 80 oder 100 Maschen). Vor allem geschickt, wenn du bei der nächsten Haltestelle rausmusst.
So ähnlich verhält es sich bei den Mustern: auf der kleinen Sockenoberfläche wird meist ein kleinteiliges Muster verwendet. Dabei ist es dann oft so angelegt, dass es in der Gesamtmaschenzahl aufgeht: Du wirst feststellen, dass ausgesprochen viele Sockenmuster 4, 6 oder 8 Maschen Rapport (Wiederholung) haben. Das kann man sich relativ schnell merken und bald Nachstricken ohne nachzuschauen.
Ein weiterer Vorteil kleiner Muster: der Wiedereinstieg ins Muster ist auch nach dem Wiedereinstieg in den Bus möglich. Oder in der Mittagspause. Oder an einem anderen Tag.
Hast du trotzdem den Wunsch, dir Notizen zu machen, reicht dir dafür theoretisch eine DINA 5 Seite. Ich habe noch ein paar bessere Vorschläge für dich, die nur wenig Zusatz-Gewicht verursachen. (siehe ‚Bereite dein Bündel vor‘ 4. Notizbuch oder App)
Mein Tipp:
Nutze offene (heißen auch verschließbare) Maschenmarkierer oder einen kontrastierenden Fadenrest, um jede 5. oder 10. Reihe zu markieren. So ersparst du dir aufwendiges und manchmal schwieriges Reihen Zählen während der Fahrt.


Vorwärtskommen
Praktischerweise bestehen Socken meistens aus klar definierten Bereichen:
Das Bündchen, der Schaft, die Ferse usw.
Hast du einen Teil davon fertig, kannst du gleich ein inneres ‚Hakerl‘ setzen. Und mit den kurzen Runden und einfachen Mustern siehst du flott einen Fortschritt.
Das ist nicht zu unterschätzen: ein schnelles Erfolgserlebnis!
Sogar die Zunahmen und Abnahmen im Bereich der Ferse und Spitze folgen wenigen und einfachen Regeln. Hast du erst deinen Favoriten gefunden, wirst du das feststellen. Strickst du die Form, die du am liebsten hast, zum dritten oder vierten Mal, wirst du die meisten Zahlen schon im Kopf haben.
Sogar das oft als schwierig bezeichnete dreiteilige Käppchen folgt immer Schema F. Erst ein Quadrat = Fersenwand, dann die Abnahmen der äußeren 2/3 = Käppchen, dann an der Fersenwand wieder Maschen aufnehmen = Spickel. Keine höhere Mathematik – zum Glück!
Die knappe Zeit davor und danach
Die Zeit, die du nicht auf Achse bist, ist sicherlich knapp bemessen. Ein paar wenige Sachen solltest du allerdings vorbereiten, damit du unterwegs auch wirklich zum Stricken kommst. Es wäre doch schade, wenn dir im entscheidenden Moment die Informationen fehlen.
Falls du das erste Mal mit dieser Wolle strickst, kannst du diese Werte aus der Maschenprobe ermitteln. Vielleicht hast du auch schon „Erfahrungswerte“. Es lohnt sich auf jeden Fall, diese Angaben einmal zu notieren. Dann kannst du diese Notiz wie einen Spickzettel nutzen – nämlich im Not- oder Vergessensfall.
Was du für einen Schnellstart brauchst
Zu Hause würdest du viele dieser Angaben einfach überprüfen, indem du den Socken anprobierst und prüfst, ob alles passt. Auch wenn es offensichtlich klingt: Das Anprobieren unterwegs und im öffentlichen Bereich ist eher schwierig. Ärgerlich, wenn du deshalb nicht weitermachen könntest.
Bei einem „klassischen“ Socken sollten die Angaben für folgende Unterpunkte schon bekannt und notiert sein. Oder du schreibst sie nach dem Ausprobieren auf (fürs nächste Mal).
Anschlag
- Nadelstärke (falls anders als Bündchen)
- Maschenzahl
Bündchen
- Nadelstärke
- Rippenmuster
- Rundenzahl
Schaft
- Nadelstärke
- Rippenmuster
- Rundenzahl
Ferse
- Maschenzahl Ferse
- Abnahmeschema
- Spickel (falls vorhanden)
- Maschenaufnahmen
- Abnahmeschema
Fuß
- Rundenzahl
- Musterung (Oberfuß, Unterfuß)
Spitze
- Abnahmeschema (meist in mehreren Stufen)
Fertigstellen der Socken
Das für mich sehr Positive am Socken stricken ist die kurze Zeit, die ich für die Fertigstellung benötige. Einen Teil davon, das Vernähen der Fäden, ist bei entsprechend ruhiger Fahrt auch unterwegs machbar. Sollte es eher ruckeln und zuckeln, brauchst du trotzdem nur wenig deiner begrenzten Freizeit zu investieren, bis die Socken fix, fertig und fein zum Tragen sind.
Strickst du mit nur einer Garnfarbe (die ja nicht uni sein muss!) hast du lediglich 2-4 Fäden zu vernähen! Der Faden von Anschlag und Abketten und eventuell 1-2 Fäden im Fersenbereich. Wegen der kleinen Größe des Strickobjektes und der relativ großen Lauflänge der Wolle wirst du kaum einmal ein neues Knäuel mitten im Gestrick beginnen. Diese Fadenenden könntest du übrigens leicht einstricken.
Dann noch Waschen und Spannen, was bei den kleinen Teilen wirklich zwischendrin und nebenbei geht. Da wenig Garn im Socken verstrickt ist, brauchst du fürs Trocknen nicht mal unbedingt eine Spannmöglichkeit. Das funktioniert sogar über der Wäscheleine, ohne sich auszuhängen. Aber bitte keine Klammern verwenden!
Bereite dein „Bündel“ vor
Mich erinnert dieser Punkt ein bisschen ans Schulvesper-Packen für die Tochter. Ohne geht’s nicht bzw. wenn es vergessen wird, ist der Jammer groß.
Die folgenden Dinge solltest du immer dabei haben, am besten vorverpackt zum schnellen Mitnehmen.
1. Wolle und Nadeln
- Nadeln plus mindestens 1 Ersatznadel (ich spreche aus Erfahrung!)
- Gut gewickelte Wolle in der richtigen Laufrichtung (besonders wichtig bei selbst-musternder Wolle, siehe Teil 2 der Socken Mini-Serie)
- Menge, die für das Projekt ausreicht (kannst du mit der Küchenwaage überprüfen)
2. Hilfsmittel
- Kleine Schere oder Fadenschere
- Häkelnadel
- ggf. Vernähnadeln (mit abgerundeter Spitze)
- Maschenmarkierer (offen und geschlossen)
- Maschenhalter oder Rundstricknadel
- Maschenstopper für Stricknadeln oder Abdeckhülle für Nadelspiel



3. Verpackungen bzw. Schutzhüllen
- Durchstech-fester Beutel fürs Strickprojekt (super wäre mit Innenfach)
- Kleine Dose oder Tasche für die Hilfsmittel
Und ja, warum nicht alle die Kleinteile, die ich jetzt aufzähle, in einem Mäppchen oder Kosmetiktäschchen verstauen? Nutze das, was du hast!
4. Notizbuch oder App?
Vielleicht hast du auch, wie ich, ein schlechtes Zahlengedächtnis. Deswegen ist es mir am liebsten, alle Angaben zum Socken (siehe oben) in schriftlicher Form griffbereit zu haben, wenn ich beim Stricken bin. Im Grunde suche ich auch Zuhause nicht gerne lange nach der richtigen Information, nur weil ich dazu die Möglichkeit hätte.
Lange Zeit hatte ich dafür ein eigenes Notizbuch (DINA 5), angeschafft nach Zettelwirtschaft und verlorenen Informationen zum „ersten“ Socken. Das System war gut, aber leider nicht so vergess-sicher wie erhofft. Ein guter Start und auch als Archiv ist so ein Notizbuch trotzdem eine feine Sache.
Inzwischen nutze ich allerdings eine App auf meinem Handy und dem Tablet. So ist das Risiko, die Informationen nicht dabei zu haben fast Null. Denn Handy oder Tablet sind immer mit dabei – mit Sicherheit.
Die App, die ich nutze, heißt „knitcompanion“ und ist als Gratis- und Premiumversion erhältlich. Du kannst Muster speichern, den Stand deiner Arbeit notieren, PDF Anleitungen speichern und mit Notizen versehen u.v.m. Sie ist aber nur eine von mehreren Apps, aus denen du auswählen kannst. Meist sind die Grundfunktionen kostenlos. Probiere es einfach aus.
Fazit
Erscheint dir dies alles als ein Haufen Arbeit? Das könnte daran liegen, dass einfach viel vorweg geschehen muss, sozusagen alles am Stück.
Der große Vorteil ist: Du ersparst dir damit die Sorge, ob du auch wirklich alles dabei hast. Und den Ärger, wenn du unterwegs nicht weitermachen kannst!
Außerdem muss das Bündel nicht jeden Tag neu gepackt werden, denn im Gegensatz zum Vesper fängt hier vermutlich nichts an zu schimmeln.
Bist du jetzt neugierig geworden auf mehr Informationen zum Thema Socken stricken? Wenn du dich nicht so recht ranwagst oder Ideen suchst, dann schau unbedingt hier vorbei:
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