Geschafft – die Maschenprobe ist gestrickt. Und es war kein gar kein Hexenwerk! Doch nun kommt der „Spaß“ nach dem Stricken, nämlich das Umrechnen. Die Maschenprobe dient dir hier als wichtige Grundlage.
Kein Augenrollen nötig. Es werden keine komplizierten Berechnungen und auch keine sehr zeitaufwändigen. Aber dafür sehr wichtige.
An welcher Stelle in der Anleitung triffst du auf die Werte, die du mithilfe der Maschenprobe ermittelt hast? Und wie hilft sie dir bei der Entscheidung, was deine nächsten Schritte sind?
Ich kenne es gut, habe es früher selbst oft gemacht. Das großzügige Übersehen von Abweichungen zwischen Maschenprobe und den Angaben in der Anleitung. Ein, zwei Maschen mehr als dort steht – was soll’s.
Wenn man es dann allerdings hochrechnet, kommen am Ende eines Strickprojektes hunderte Maschen mehr raus. Zu viel Breite im Vorderteil, Rückenteil und Ärmeln. Die Ärmelkugeln passen nicht in den Armausschnitt. Und die Wolle hat komischerweise auch nicht gereicht.
Dabei muss das nicht sein!
Darum geht es hier
Anleitungen mithilfe der Maschenprobe verstehen und interpretieren
Jede Strickanleitung enthält wichtigen Angaben, um dir das Nachstricken zu ermöglichen. Dazu zählen die, manchmal ganz unauffällig scheinenden, Werte der Maschenprobe, also der Maschen- und Reihenzahl pro 10 cm.
Nachdem du die Maschen- und Reihenzahlen deiner eigenen Maschenprobe ausgezählt hast, kannst du den direkten Vergleich machen. Stimmen diese Zahlen genau, kannst du dir auf die Schulter klopfen. Und anschlagen.
Dieses Glück ist nicht allen Strickerinnen vergönnt. Doch helfen tut dieser Blick trotzdem. Denn, falls deine Maschenzahlen abweichen, kannst du daraus auch etwas ableiten:
- Deine Maschenzahl ist größer als die Vorgabe: du strickst enger bzw. fester
- Deine Maschenzahl ist kleiner als die Vorgabe: du strickst lockerer
Ebenso verhält es sich mit den Reihenzahlen. Wobei diese oft weniger kritisch sind. Und du könntest sie leichter während Strickens anpassen. Trotzdem: den Hinweis hast du nun.
Falls dir das bisher noch nicht aufgefallen ist:
Die Werte aus der Maschenprobe findest du auch in den „Schnittbildchen“, die deine Anleitung (hoffentlich) hat.
Denn die Angaben in cm stimmen genau mit den Maschenzahlen und Reihenzahlen überein, die sich aus der Anleitungs-Maschenprobe ergeben haben. Es ist also faktisch nur eine andere Darstellungsweise.
Hier eine stark vereinfachte Schnittbild-Skizze

In diesem Beispiel ist die Vorderteil-Breite 50 cm. Bei der angegebenen Maschenprobe von 22 M pro 10 cm ergibt sich: 110 M. Dies ist die Maschenzahl, die du anschlägst. Oder nach dem Bündchen auf der Nadel haben solltest.
Und dieses Prinzip findet sich mit bei allen Breiten- und Längenangaben wieder.
Vielleicht findest du es ja einfacher, deine Werte mithilfe der Schnitt-Skizze zu überprüfen bzw. anzupassen? Ich finde es auf jeden Fall übersichtlicher, als die Maschenzahlen aus dem Text herauszufischen.
Im Normalfall will man die im Schnitt angegebenen Breiten und Längen beibehalten. Je nachdem, was deine Werte aus der Maschenprobe sind, passt du die Maschenzahl bzw. die Reihenzahl entsprechend an.
Was ist aber nun, wenn du bei der Passform etwas anpassen willst? Oberweite, Ärmellänge oder so etwas? Nicht so einfach! Warum?
Was ist Ease und warum ist das wichtig?
Ich erzähle dir sicher nichts Neues, wenn es darum geht, dass gestrickte Sachen dehnbar sind. Es gibt nur wenige Strickmuster, die das Dehnen des Strickstücks stark einschränken oder ausschalten können.
Allerdings wird beim Designen und Planen für Pulli, Jacke und vieles mehr noch etwas anderes berücksichtigt. Im Englischen heißt es Ease und es gibt ihn als positiven und negativen Wert.
Beim positiven Ease wird schon im Design berücksichtigt, dass das fertige Strickteil nicht eng am Körper getragen wird. Es sind ein paar cm (oder Prozent) eingeplant, die an Luft zwischen Körper und Kleidungsstück sein sollen.
Ich würde positive Ease mit Bequemlichkeitszugabe übersetzen. Du findest diesen Wert sehr häufig bei Jacken und Pullovern. Das macht auch Sinn, denn darunter trägt man zumeist noch andere Kleidung.
Anders sieht es beim negative Ease aus. Hier nutzt man die Dehnbarkeit des Gestricks für eine sehr eng anliegende Passform aus. D.h. der Körper dehnt sich das Strickstück zurecht. Im Einsatz siehst du das bei gutsitzenden Socken, enganliegenden Jäckchen und (nicht von Hand) gestrickte Unterwäsche.
Übersetzen lässt sich negative Ease am besten mit Dehnungsabzug. Und der ist immer sehr stark an das Strickmuster gekoppelt, das ja ‚mitspielen‘ muss.
Was du leider nicht immer erkennen kannst:
Mit welchem Prozentsatz die Strickdesigner:innen gearbeitet haben. Gibt es keine konkrete Angabe in der Anleitung, wird es schwierig. Wenn du die Passform also nicht komplett über den Haufen werfen willst, solltest du bei deinen Anpassungen Vorsicht walten lassen.
Also, was tun, wenn deine Maschenprobe nicht mit den Vorgaben übereinstimmt? Und du keine Angabe in der Anleitung zum Thema Ease findest?
Entscheidung über die nächsten Schritte
Wenn du die Unterschiede bemerkst, ist das schon mal was Gutes. Und besser, du tust dies bereits nach der Maschenprobe und nicht erst nach dem Vorderteil oder ersten Ärmel.
Und wenn deine Neugier nun wach gekitzelt ist – vielleicht möchtest du ja bald in das wichtige Thema Maschenprobe einstiegen? Dann könnte das für dich interessant sein:
Get gauge
Du hast nun die Wahl, wie du weiter vorgehen möchtest. Zum einen besteht die Möglichkeit, dass du versuchst, die vorgegebenen Maschen- und Reihenzahl doch noch zu erreichen.
Du kannst ausprobieren, die Nadelstärke und das Nadelmaterial zu verändern, um diese Angaben zu treffen. Dafür solltest du dann weitere Maschenproben machen.
Deinen Strickstil entsprechend anzupassen, halte ich hingegen für keine gute Idee. Entweder dauert es lange oder du wirst zunehmend verkrampfter.
Der Vorteil des ‚get gauge‘, also der genauen Einhaltung der Vorgaben zu Maschen- und Reihenzahlen ist klar. Alle weiteren Berechnungen entfallen und du kannst voller Zuversicht der Strick-Anleitung folgen.
Umrechnen
Die Sache sieht anders aus, wenn dir Griff und Optik deiner Maschenprobe gut gefallen, so wie sie ist. Dann änderst du die abweichenden Maschen- bzw. Reihenangaben so, dass du die Anleitung und den Schnitt trotzdem verwenden kannst.
Ein großer Vorteil: die Werte sind perfekt für deinen eigenen Strickstil. Allerdings hast du nun vor dem Stricken noch etwas zu tun: Berechnen.
Die Berechnungen sind keine höhere Mathematik, können bei komplexen Schnitten aber schon aufwändig werden. Darum solltest du dir ein paar Minuten Zeit nehmen, in denen du, ganz in Ruhe, umrechnen kannst.
Bitte beachte:
Fast so wichtig wie die eigentliche Rechnung ist, wie und wo du sie dir notierst!
Manchmal ist es schwierig, innerhalb des eng geschriebenen Anleitungstextes etwas zu ändern. Besser ist es oft, die neuen Werte, mit einer Kontrastfarbe in das Schnittbild hineinzuschreiben.
Alternativ kannst du dir einen Notizzettel anheften, auf dem alle neu berechneten Maschen- und Reihenzahlen notiert sind. Mach dazu farbige Markierung im Text der Anleitung, damit du es nicht vergisst.
Mein Tipp:
Falls du in der Anleitung nicht herumschreiben und malen möchtest:
Schreibe dir die geänderte Werte auf einen Notizzettel. Dann tackerst du diesen an die Anleitungsseite.
Prinzipiell musst du deine Maschenzahlen nur ins Verhältnis setzen zu den Angaben in der Anleitung. Und nun der Trick: dieses Verhältnis bleibt immer gleich, egal ob du die Maschenzahlen des Vorderteils, Ärmels oder der Schulter nimmst.
D.h. du musst nur EINE feste Zahl errechnen, mit der du die vorgegebenen Maschenzahlen multiplizierst, um zu deinen Zahlen zu gelangen. Das Gleiche gilt natürlich auch für die Reihenzahlen und wofür sie gebraucht werden.
Ich nutze für meine Umrechnungen zwei Faktoren. Faktor A kommt zum Einsatz, wenn ich ‚nur‘ meine Maschen- und Reihenzahlen für eine bestehende Anleitung anpassen muss. Den Faktor B für den Fall, dass ich etwas am Schnitt anpassen möchte, wie die Länge. Dafür muss dann diese neue Länge in eine entsprechende Reihenzahl umgerechnet werden.
Dadurch erspare ich mir das lästige Dreisatz-Gerechne und muss einfach nur multiplizieren.
Doch ein weiteres „Schmankerl“ habe ich noch für dich.
Grobe Berechnung des Garnbedarfs
Gleich vorweg:
Diese Überschlagsrechnung eignet sich am besten für eine bestimmte Sachlage. Du hast eine bestimmte Anzahl von Wollknäuel, die du verarbeiten möchtest. Und du möchtest prüfen, ob das genug ist für eine bestimmte Anleitung.
Diese Berechnung ist als grobe Näherung gedacht, und sie funktioniert nur für annähernd rechtwinklige oder dreieckige Designs. Der Einfachheit halber sind auch keine Bündchen und Blenden berücksichtigt – weil du meist dafür keine Maschenprobe gemacht hast.
Die Berechnung ist trotzdem, in diesem speziellen Fall, sehr nützlich:
→ Das Ergebnis des Garnbedarfs zeigt, dass zu wenig Material da ist für die Schnitt-Teile insgesamt.
→ Zusätzliches Garn wird noch benötigt für Bündchen und Blenden.
→ Die Wolle reicht für das anvisierte Strickprojekt ganz sicher NICHT!
Und so geht’s.
Garnbedarf überschlagen: Maschenzahlen-Methode
Bei rechteckigen Teilen nimmst du die Gesamtmaschenzahl der Grundfläche und multiplizierst sie mit der Reihenzahl. Daraus ergibt sich die Teilmaschenzahl (TMZ) für dieses Teil. Diesen wiederholst du, bis du die TMZ aller Schnitt-Teile hast.

Aus oben stehendem Beispiel:
Vorder-und Rückenteil: 85 Maschen x 125 Reihen = 10625 Maschen (TMZ Rücken- bzw. TMZ Vorderteil)
Ärmel inneres Rechteck: 60 Maschen x 80 Reihen = 4800 Maschen
Ärmel äußeres Rechteck: (20 Maschen x 80 Reihen) / 2 = 2400 Maschen
Ärmel gesamt: 7200 Maschen (TMZ Ärmel)
Dann addierst du alle TMZ zur Gesamtmaschenzahl (GMZ).
In unserem Beispiel:
GMZ = TMZ Rückenteil + TMZ Vorderteil + TMZ Ärmel + TMZ Ärmel
GMZ = 10625 + 10625 + 7200 + 7200 = 35650 Maschen (ohne Bündchen)
Bei deiner Maschenprobe berechnest du die Gesamtmaschenzahl ebenso. Achte bitte darauf, dass du alle Maschen mitzählst, auch die Randmaschen! Daraus erhältst du die MMZ (Gesamtanzahl der Maschenproben-Maschen).
Im nächsten Schritt wiegst du die Maschenprobe mit einer feinen Waage (Brief- oder Diätwaage). Bitte notiere das Gewicht mindestens auf eine Nachkomma-Stelle, z. Bsp. 7,5 gr.
Die Überschlagsberechnung machst du dann so:
Garnbedarf (in gr.) = GMZ x Gewicht Maschenprobe (in gr.) / MMZ
Vorsicht!
Der Garnbedarf, den du hier errechnet hast, ist eine Näherung! Er ist nicht exakt genug, um deinen genauen Verbrauch zu errechnen.
Um den Verbrauch richtig zu berechnen, solltest du die Garnlängenmethode verwenden, die ich dir hier detailliert erkläre (in Kapitel 4.)
Fazit
Bist du nun erstaunt, wie viel du mit den Werten aus deiner Maschenprobe anfangen kannst? Ganz zu schweigen von dem sicheren Gefühl, gut vorbereitet in das neue Strickprojekt zu starten.
Legst du auch nicht übermäßig großen Wert auf Nervenkitzel? Dann wirst du schnell Gefallen finden an dieser Sicherheit und Klarheit, die du nun in Bezug auf die Zahlen und Werte in der Strickanleitung hast. Gut investierte Zeit, finde ich.
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Regina meint
Danke, Danke, Danke, jetzt weis ich wo für ich die Maschenprobe mache.
Beatrix meint
Liebe Regina, danke für deinen Kommentag. Es freut mich sehr, dass dir dieser Artikel weiterhilft.