Das Erfolgserlebnis: Pullover oder Strickjacke sind fertig gestrickt!
Und dann hat man oft keine Ahnung, wie die richtige Reihenfolge der nun folgenden Arbeiten ist. Soll man zuerst die Teile zusammen nähen? Oder die vielen lästigen Fäden vernähen?
Das sogenannte Ausarbeiten bedeutet, aus den „rohen“ Strickteilen ein fertiges Kleidungsstück zu machen (oder Kissen, Decke usw.). Gleichbedeutend wird auch der Ausdruck Fertigstellen verwendet.
Je nach Strickprojekt kann die Anzahl der Arbeitsschritte stark variieren. Vom Spültuch, bei dem nur den Anfangs- und Endfaden vernäht werden muss. Bis zur Strickjacke mit Taschen und Kragen, bei der noch viele (!) verschiedene Tätigkeiten folgen.
Ein wenig trügerisch: die Beschreibung der Nacharbeiten in Strickanleitungen ist oft sehr knapp gehalten. Das bedeutet leider nicht, dass es auch schnell erledigt ist. Zudem sind die Anweisungen gerade für Anfänger alles andere als selbsterklärend.
Das alles trägt dazu bei, dass viele Strickerinnen diese Aufgaben so ungeliebt sind. Bedauerlicherweise. Dabei kann es doch ein so spannender Prozess sein. Und ein noch viel größeres Erfolgserlebnis!
Wir schauen uns jetzt die Schritte im Einzelnen an. Du wirst sehen, das Meiste ist logisch und nicht sehr schwierig. Oft erfordert es eher „guten Willen“ und Selbstvertrauen als irgendwelche besonderen Fertigkeiten.
Darum geht es hier
1. Strickanleitung
Darin sind außer dem (meist kurzen) Text zur Fertigstellung noch andere wesentliche Informationen für dich vorhanden. Ein Schnittbild, eine Strickteil-Skizze oder auch Fotos des Strickprojekts enthalten wichtige Details, z.Bsp.:
- Gesamtlänge
- Breite der einzelnen Teile
- Beginn der Ärmelabnahmen
- Verlauf der Ärmelschrägung
- Schulterbreite
Diese Zahlen wirst du später (fürs Spannen) noch brauchen. Also halte sie griffbereit.
In der Strickanleitung erfährst du auch, ob du noch sogenannte Zutaten oder Materialien braucht wie Knöpfe, Haken, Reißverschlüsse oder Bändern. Besorge diese Dinge so bald wie möglich, damit du dich nicht ausbremst Ich spreche da aus eigener Erfahrung…
2. Maschenprobe
Informationen dazu findest du zwar in der Anleitung, allerdings wirst du nicht umhinkommen, selbst eine zu machen. Warum?
Selbst bei gleicher Wolle und Nadelstärke hat jeder seinen individuellen Strickstil. Ob du ganz genau die Vorgaben erreichst, sagt dir die Maschenprobe. Und wenn nicht, ist sie die Grundlage für die Umrechnungen.
Für das Ausarbeiten und Fertigstellen hilft sie dir noch mit ein paar äußerst nützlichen Hinweisen.
1. Die nass-behandelte Maschenprobe zeigt dir, wie das Garn auf Wasser reagiert. Wird es fester oder weicher, glatter oder flauschiger durch den Kontakt mit Wasser? Da gibt es so manche Überraschung, die du nicht erst am (fast) fertigen Teil erleben möchtest!
2. Für das Neuaufnehmen von Maschen für Blenden (bei Strickjacken) spielt das Verhältnis Maschenzahl : Reihenzahl eine große Rolle. Im Normalfall nimmt man aus den Randmaschen der Vorderteile diese Blendenmaschen auf. Die Schwierigkeit: aus Reihen entstehen Maschen. Da Strickmaschen nicht quadratisch sind, stimmt dann das Verhältnis nicht:
⇨ Mehr Reihen als Maschen pro 10 cm: die Maschen sind breiter als hoch, d. h. die Blende enthielte zu viele Maschen und würde ausbeulen
⇨ Weniger Reihen als Maschen pro 10 cm: die Maschen sind höher als breit, d. h. die Blende enthielte zu wenige Maschen und wäre zu stramm
Berechnung:
Maschenzahl: Reihenzahl und zwar als Bruch (!) geschrieben.
Ein Beispiel: 21 : 28 = 3 : 4 bedeutet, dass für die Blende aus 4 Reihen nur 3 Maschen aufgenommen werden dürfen.
Die Infos zu Maschen- und Reihenzahlen stammen aus deiner Maschenprobe.
3. Knopflochtest. Stricke dafür eine Mini-Blende an den Seitenrand der Maschenprobe an. In diese strickst du verschieden große Knopflöcher ein. Teste mit dem Knopf die optimale Loch-Größe, denn dafür ist nicht nur der Durchmesser des Knopfes relevant. Sondern auch die Höhe und ggf. der Stiel. Das erspart dir, dich später über viel zu große oder zu kleine Knopflöcher ärgern zu müssen.
3. Während des Strickens
Eigentlich kannst du schon beim Stricken einiges tun, um dir die Fertigstellung zu erleichtern.
Tipp 1: Anschlagsfaden
Das beginnt gleich mit dem Anschlag. Anstatt beim Kreuzanschlag mit dem Anschlagsfaden zu geizen, lass ihn „extra-lang“. Dann nutzt du ihn zum Schließen der Nähte. Und du ersparst dir das Vernähen der Anschlagsfäden.
Tipp 2: Randmaschen
Ich weiß, dazu gibt es hunderte verschiedener Meinungen. Es ist aber definitiv so, dass eine Randmasche, die abgehoben anstatt gestrickt wird, zu zusammen gezogenen Rändern führt.
Fürs Zusammennähen ist es viel einfacher, wenn du die Randmaschen IMMER in glatt rechts strickst. Und zwar egal, welches Muster sonst gestrickt wird.
Tipp 3: Regelmäßiges Zählen und Messen
Ich kenne ihn auch, den Rausch des Strickens. Man vergisst Zeit und Raum und regelmäßige Kontrollen. Und das kann zum Problem werden. So wenig Spaß es macht, viele Reihen zu zählen, so wichtig ist es später – beim Zusammennähen.
Eine enorme Erleichterung ist es, wenn du alle 4, 5 oder 10 Reihen eine kleine Zählhilfe setzt. Es gibt verschiedene Methoden: Fadenschlaufen, Maschenmarkierer oder Mitlauffaden. Mein Favorit sind eindeutig verschließbare Maschenmarkierer in Kontrastfarbe.
Die Reihenzahl nur mit dem Maßband zu ermitteln, funktioniert nur bei Wenige. Während des Strickens können schon kleine Veränderungen von Fadenspannung, Temperatur usw. dazu führen, dass die Reihendichte schwankt!
Aber das Maßband brauchst du, um schnell festzustellen, wie weit du b ist. Und wann das Armloch oder die Schulterschrägung begonnen werden soll. Damit das wiederum auf beiden Seiten gleich wird:
→ In einer Veränderungsreihe immer eine Markierung setzen!
Ich sehe den Maschenmarkierer hier als genauso hilfreich wie ein Knips bei einem Nähschnitt. Er zeigt an, welche Stellen später im fertigen Strickteil aufeinandertreffen müssen.
Tipp 4: Einweben oder Vernähen?
Wenn du nicht gerne Fäden vernähst, könnte dieser Punkt interessant für dich sein. Gerade wenn du viele Garn- und Farbwechsel hast, wie bei Streifenmustern. Wie dieser „Trick“ gelingt, zeige ich dir in diesem Video auf dem YouTube Strickheldinnen Kanal.
Warum das funktioniert? Beim Vernähen „webst“ du den Faden eigentlich auch ins Gestrick ein, nur eben mit einer Sticknadel.
Tipp 5: Maschen abketten oder parken?
Eine letzte Überlegung während des Strickens kann dir später einiges an Zeit ersparen. Gerade bei Schultern oder Halsausschnitten werden oft Maschen abgekettet, die später wieder gebraucht werden.
Diese Informationen findest du in der Anleitung . Wenn Maschen von o.g. Stellen für Bündchen oder Nähte gebraucht werden, kannst du sie auf einer Rundstricknadel oder einem Hilfsfaden ruhiglegen.
Der Vorteil: der Übergang vom Halsausschnitt ins Halsbündchen ist bei dieser Variante deutlich flacher. Und daher weicher als mit einer abgeketteten Kante.
Und für das Schließen der Schulternaht kannst du die 3-Nadel-Abkett-Methode verwenden. So ist die „Naht“ ruck-zuck fertig – ganz ohne Nähen.
4. Vorbereitungen fürs Ausarbeiten und Fertigstellen
Welche Werkzeuge du brauchst, erfährst du im Detail hier.
Und falls du genau wissen möchtest, wie du dir deinen Arbeitsplatz gut gestalten kannst, findest du hier die Infos dazu.
Wichtig ist, dass du die folgenden Werkzeuge bzw. Zubehör griffbereit hast, da du sie in jedem Fall brauchen wirst:
- Stick- oder Stopfnadeln mitgerundeter Spitze und großem Öhr
- Kleine Handarbeitsschere oder Stickschere
- Maßband und eventuell Lineal
- Saubere Handtücher
- Nicht-rostende Stecknadeln
- Bügeleisen mit Bügelbrett
- Trocknungsablage: Wäscheständer o.ä.
5. Fäden vernähen
Das ist in den allermeisten Fällen der erste „echte“ Schritt beim Ausarbeiten. Durch die losen Fadenenden, die noch überall herum baumeln, wirkt das Gestrick oft unordentlicher und unfertiger als es in Wirklichkeit ist.
Wichtig ist, dass die Fäden nicht nur irgendwie versteckt werden, sondern dass du sie durchs Vernähen vor dem Herausrutschen sicherst. Der Grund: sonst kann an dieser Stelle beim Tragen ein Loch einstehen.
Erreichen kannst du das durch verschiedene Methoden. Wichtig ist auf jeden Fall, dass du mindestens einen „Umkehrpunkt“ hast, an dem das Vernähen seine Richtung umkehrt. Nicht direkt in der gleichen Spur zurück, sondern etwas versetzt.
Du hast die Wahl, ob du die Fäden horizontal, diagonal oder vertikal einarbeitest. Das hängt immer auch vom Muster und dem Garn ab und erfordert vielleicht ein wenig Ausprobieren.
Bei einem Zwirn, bei dem das Garn aus mehreren dünnen Einzelfäden besteht, kannst du das Fadenende durch die Maschen durch Vernähen. Bei den weit verbreiteten Kettengarnen oder sehr lockeren Garnen geht das nicht. Hier musst du die Maschenschlaufen auf der Strickteil-Rückseite nutzen.
Wieso aber überhaupt die Fäden vernähen anstatt sie einfach beim Stricken einzuweben? Meines Erachtens hat das Vernähen nach dem Stricken einige Vorteile
⇨ Du bist flexibler, wie und wo du das Fadenende platzierst.
⇨ Der Faden wird hin und zurück geführt und ist daher besser gegen Herausrutschen gesichert.
⇨ Du kannst die Naht zum „Verstecken“ und Sichern der Fadenenden nutzen, ein zusätzlicher Schutz vor dem Herausrutschen.
Ein Tipp noch:
Die letzten 5-8 mm solltest du mit der Sticknadel-Spitze ganz gezielt ausfransen. Durch das Auffächern ist es viel unwahrscheinlicher, dass das Fadenende sich doch herausarbeitet. Und bei reiner Wolle kommt es über die Zeit zur Verfilzung, die zusätzlich als Stopper dient.
Damit sind die Teile fertig für eine Nass- oder Dampfbehandlung, die auch Blocking genannt wird.
6. Blocking der einzelnen Teile
Grundsätzlich kannst du zwischen warmem Dampf und einem Tauchbad für dein Strickprojekt wählen. Es gibt für beide Methoden gute Gründe. Und es ist auch eine Sache der eigenen Präferenzen.
In beiden Fällen werden die einzelnen Teile mit Stecknadeln auf einem Handtuch oder einer anderen geeigneten Unterlage gepinnt. Stich die rostfreien Nadeln immer am Strickteil-Rand entlang ein.
Ist das gestrickte Teil kleiner als es sein sollte, dann zieh es in Form. Und zwar nicht mit aller Gewalt, sondern mit sanft ausstreichenden Bewegungen.
Spannen und Dampfbehandlung
Beim Dampf-Blocking ist das Pinnen der erste Schritt. Die Teile werden auf die Angaben im Schnittmuster bzw. der Schnittskizze mithilfe von Stecknadeln gebracht. Dann deckst du ein (sehr) feuchtes Handtuch darüber und drückst das warme Bügeleisen mit leichtem Druck auf. Dabei hörst du ein leichtes Zischen.
Lass das Strickteil dann gepinnt auskühlen und komplett trocknen. Damit bist du fertig zum Weitermachen.
Vorteile dieser Methode:
+ Du brauchst wenig Platz, nur den für das aufgestellte Bügelbrett.
+ Die einzelnen Strickteile trocknen schneller, weil sie nicht komplett eingeweicht werden.
+ Haarige oder flauschige Garne blühen richtiggehend auf.
+ Sehr plastische Muster (Zöpfe) bleiben erhalten und werden nicht platt gedrückt.
+ Sie ist auch als Zwischenschritt geeignet (Nähte).
Nachteile sind dagegen:
– Unregelmäßige Strickoptik wird nicht oder nur unzureichend behoben.
– Kein komplettes Relaxieren von Spannungen im Garn.
– Für Lace- und Ajourmuster nicht ausreichend, um die gewünschte Optik hinzubekommen.
Tauchbad mit anschließendem Spannen
In diesem Fall werden die Strickteile zuerst in einem Warmwasserbad relaxiert. Ausgewaschen und ausgedrückt. Anschließend werden die Teile auf Maß gepinnt und auf der Unterlage getrocknet. Am besten geeignet ist ein Wäscheständer.
Einige Vorteile dieser Methode:
+ Für kleinere Strickprojekte wie Socken, Handschuhe und Mützen ideal, denn du kannst die Formgebung anpassen. Das ist im nassen Zustand viel einfacher.
+ Die Oberfläche des Gestricks wird sehr schön gleichmäßig.
+ Die komplette Relaxierung tut vor allem Fairisle und andere mehrfarbige Mustern gut: die Spannfäden auf der Rückseite rutschen in Position.
+ Das Strickprojekt landet in den meisten Fällen irgendwann in der Wäsche, also kann das auch gleich geschehen.
Die Nachteile sind allerdings:
– Sie benötigt mehr Platz zum Trocknen.
– Es dauert länger, bis die einzelnen Strickteile trocken sind, wegen der kompletten Durchnässung.
– Flauschige Garne oder Zopfmuster sehen danach flach bzw. formlos aus.
– Schwieriges Handling bei großen Strickprojekten im nassen Zustand.
7. Nähte schließen
Tatsächlich gibt es eine optimale Reihenfolge, die in den meisten Pullover- und Strickjackenprojekten Sinn macht. Ansonsten findest du dazu auch Infos in der Modell-Anleitung, im Abschnitt der mit „Fertigstellung“ oder „Ausarbeiten“ überschrieben ist.
- Schulternähte schließen: dann können Halsbündchen oder Blenden im Anschluss angestrickt werden – bevor das Ganze zu schwer wird
- Einsetzen der Ärmel
- Ärmelnähte schließen
- Seitennähte an Vorderteil und Rückenteil
Ein paar wichtige Dinge noch, bevor du mit diesem Thema startest.
Markiere dir wichtige Stellen an den einzelnen Strickteilen wie die Mitte (beim Nähen wäre das die Bruchkante des Stoffs). Und markiere (falls du noch nicht hast) in gleichen Abständen reihengenau die langen Nähte. Du musst also Reihen zählen, sorry.
Kläre zuerst, wie der Nahtverlauf ist. Ist er in Maschenrichtung (horizontal), in Reihenrichtung (vertikal) oder kurvig, gebogen oder schräg? Je nachdem solltest du dann eine passenden Naht-Art auswählen.
Die häufig verwendeten Naht-Arten sind:
- Matratzennaht bzw. Matratzenstich, auch unter dem irreführenden Namen „Zaubernaht“ im Internet zu finden. Sie ergibt eine unsichtbare Naht und ist für vertikale und horizontale Nähte geeignet. Hierzu ein gutes YouTube Video Tutorial.
- Steppstich: eignet sich für schräge Nähte (Ärmelkugel-Armausschnitt) und abgekettete Ränder.
- Maschenstich zum Verbinden von Maschen, die noch auf der Nadel sind. Diese Naht ist nicht unsichtbar, sieht aber aus wie eine Reihe rechter Maschen. Vorsicht: sie ist nur so belastbar wie eine normale, gestrickte Maschenreihe!
- Blindstich: besonders wenn du zwei übereinander liegende Stricklagen unsichtbar verbinden möchtest.
- Hexenstich: sehr gut für das Festnähen von Klappsäumen und Blenden-Belegen. Dieser Stich ist sehr elastisch und sieht sogar dekorativ aus.
Eine Ausnahme gibt es noch: eine Naht, die nicht genäht, sondern gestrickt ist.
Sie heißt „3-Nadel-Abkett-Methode“ und ergibt ein sehr sauberes Finish. Sie sorgt an der Schulternaht für eine gute Stabilität, was bei schweren Strickteile besonders wichtig ist. Allerdings ist sie nicht so flach wie die Maschenstich-Naht.
8. Blenden und Ausschnitt-Bündchen
Blenden
Mit Blenden sind die vertikal laufenden Strickstreifen (meist in Rippenmuster), die bei Jacken vorne die Knopfleiste und Knopflöcher enthalten. Natürlich gibt es auch Blenden ohne Knöpfe: Eine Stabilisierung der vorderen Kanten ist bei Strickjacken aber meist notwendig.
Dazu werden aus den Kanten der Vorderteile Maschen aufgenommen. Du kannst jetzt auf die Berechnungen zurückgreifen, die du bei der Maschenprobe gemacht hast. Erinnerst du dich? MZ:RZ ist das Verhältnis von Maschen zu Reihen.
Sehr häufig hört man, dass du aus 3 Reihen nur 2 Maschen aufnehmen solltest oder aus 4 Reihen nur 3 Maschen. Geschrieben sieht das Ganze so aus: 2:3 oder 3:4. Das sind ganz gute Näherungen, allerdings kann dich diese Faustformel auch in die Irre leiten. Nämlich bei sehr dicken oder sehr dünnen Garnen.
Bei der Berechnung selbst machen „krumme“ Zahlen keinen Sinn!
Ein Beispiel: auf 10 cm hast du 24 Maschen und 31 Reihen. Das geht leider nicht zu kürzen, aber es ist nahe an 24 : 32. Damit entspricht das Verhältnis (gekürzt) dem oben bereits erwähnten 3:4.
Umgesetzt wird das so: bei den Maschen, die für die Blende aus den Randmaschen aufgenommen wird, wird je eine Masche aus der 1., der 2. und der 3. Reihe aufgenommen. In der 4. Reihe wird KEINE Masche aufgenommen. Dann wieder eine Masche aufgenommen aus der 5. Reihe, der 6. und der 7. Reihe. Die 8. Reihe wird wieder übersprungen. Und so weiter.

Über die Knopfloch-Größe hatten wir schon beim Punkt 2. Maschenprobe gesprochen. Bist du wegen der Maschenzahl für das Knopfloch unsicher? Dann wasche die Maschenprobe, jetzt mit Knopflöchern, noch einmal. Danach entscheide dich für das kleinste Knopfloch, durch den der Knopf ohne Gewaltanwendung durchpasst.
Wenn die Blende fertig gestrickt ist, geht’s ans Abketten. Bitte teste unbedingt, ob die Festigkeit passt. Und zwar nicht erst zum Schluss, sondern nachdem du ca. 10 cm abgekettet hast. Diese Abkettreihe ist wichtig für Aussehen und Funktionalität der Blende!
⇨ Zu locker und das Blende-Bündchen kippt nach außen, innen oder beides im Wechsel. Willst du die Jacke offen tragen ist das sehr störend.
⇨ Zu fest und die Blende zieht sich am Rand zusammen, u.U. verzieht sich dadurch die ganze Front.
Ausschnitt-Bündchen
Meist ist das Aufnehmen von Maschen in diesem Bereich einfacher, weil es in Maschenrichtung gemacht wird. D.h. du nimmst aus einer (abgeketteten) Masche wieder eine auf.
Achtung: an den Schrägungen musst du manchmal etwas tricksen. Damit keine Löcher entstehen, kannst du die Maschen verschränkt aufnehmen.
Eine weitere Überlegung sollte sein, ob die Maschen gleich im Bündchenmuster aufgenommen werden oder alle als rechte oder linke Maschen. Je nachdem, wie sichtbar der Übergang Vorderteil bzw. Rückenteil zum Bündchen sein soll.
Alle Maschen rechts ist die gebräuchlichste Methode, weil am einfachsten. Die Bündchenmuster sehen gut aus, wenn sie symmetrisch von der Mitte ausgehen (vordere und hintere Mitte). Und eine Reihe linke Maschen wirkt wie eine Mini-Rüsche oder Zackenlitze.
9. Belege, Säume, Reißverschlüsse und Knöpfe
Nun kommen wir zum wahrscheinlich kniffeligsten Teilbereich beim Ausarbeiten bzw. Fertigstellen. Falls du hier steckenbleibst, könnte dir eine erfahrene Nähexpertin oder Schneiderin wahrscheinlich besser helfen als andere Strickerinnen.
Belege sind Verstärkungen, die meist nur auf der Rückseite sichtbar sind. Sie können verschiedene Funktionen haben. Du kennst sie von deiner Jeans – der Beleg ist das Stückchen Stoff hinter dem Reißverschluss.
Bei Strickkleidung werden sie zur Stabilisierung von Ausschnitten und Knopfleisten gebraucht. Oder für Seitenschlitze, die sich sonst rollen würden. Und Säume, die keine Bündchenmuster sind, brauchen manchmal auch einen Beleg.
Falls so etwas bei deinem Strickprojekt ansteht: Plane dir ausreichend Zeit und gutes Licht ein. Du kommst nun in den Bereich des aufwändigen Handnähens, das macht man nicht alle Tage!
Auch hier gilt: Probieren geht über Studieren. Und falls es nicht gut aussieht, lässt sich Genähtes auch wieder entfernen…aber vorsichtig!
Wenn du lange Strecken von Hand nähen musst, solltest du im ersten Schritt diese Naht mit Heftstichen vor-fixieren. Das funktioniert super, auch wenn du einen Reißverschluss einnähen möchtest. Die Alternative, Stecknadeln, ist eigentlich keine. Denn Handgestricktes ist dafür meist viel zu dehnbar und weich.
Generell solltest du die Position von Knöpfen vor dem Festnähen überprüfen. Dazu legst du die zwei Blenden so aufeinander, wie sie im fertigen Strickteil sein sollen. Mache das bitte so genau wie möglich, sonst kann es schief werden.
Die Stelle, wo die Knöpfe angenäht werden sollen, ist auf Höhe der Knopflochmitte. Am besten markierst du diese Punkte auf der unten liegenden Blende mit einem Stückchen Kontrastfaden. Dann mit der Sticknadel durchstechen und abschließend mit einem Knoten sichern.
So gehst du vor, bis alle Annähstellen markiert sind. Danach kannst du mit deiner Lieblingsmethode die Knöpfe annähen, lass dabei ein wenig Spielraum zwischen Blende und Knopfunterseite. Denn sonst quetscht der Knopf die Blende zusammen – und das wollen wir nicht.
10. Finales Finish
Zum Abschluss kannst du dein Strickprojekt nun an den Nähten und Belegen leicht mit einem feuchten Tuch und Bügeleisen dämpfen.
Die Blenden und Bündchen NICHT mit dem Bügeleisen dämpfen, denn dadurch verlieren sie ihre natürliche Elastizität. Außer, das ist ausdrücklich so gewollt. Ein Zurück gibt es dann allerdings nicht mehr.
Hast du ein Dampfbügeleisen? Dann kannst du aus kurzer Entfernung (10-15 cm) über dem Strickprojekt etwas „Dampf ablassen“. Ansonsten mögen vor allem Gestricke aus reiner Wolle einen Kurzaufenthalt in der Duschkabine. Und zwar, nachdem du geduscht hast – bei der feuchten Wärme (bitte nicht das Strickteil abduschen!).
Diese „Spa-Behandlung“ kann ich dir auch für Zwischendrin empfehlen.
Fazit
Die Reihenfolge beim Fertigstellen und Ausarbeiten deiner Strickprojekte zu kennen, kann dir Stress ersparen. In Strickanleitungen wird dieser Bereich häufig nur (zu) knapp abgehandelt. Dabei ist es so wichtig zu verstehen, warum man etwas wann und wie machen muss.
Gerade bei Pullovern oder Strickjacken sind viele der Arbeitsschritte dem Nähen näher verwandt als dem Stricken. Doch das muss keinen Frust erzeugen, denn das meiste ist nicht schwierig, sondern höchstens ungewohnt.
Und zur Beruhigung: nicht alle der oben genannten Schritte sind für jedes deiner Strickprojekte notwendig. Aber nun weißt du, wie du im Fall eines Falles vorgehen kannst.
Viel Erfolg!
Und falls du dir diese Hilfestellung gerne in kompakter Form haben möchtest, könnte diese Checklisten-Sammlung das Richtige sein.
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