Die nächste kühle Phase kommt und damit auch Veränderungen in unserer Bekleidung. Viele verschiedene Strickteile aus Wolle wärmen uns. Sie geben uns dieses kuschelige Wohlgefühl.
Allerdings wird das Argument „aufwendig zu pflegen und aufzubewahren“ oft gegen Wollstrick vorgebracht. Vor allem unsere selbst gestrickten Schätze scheinen von diesem Vorurteil betroffen zu sein.
Wolle ist eine der ältesten bekannten Fasern, die die Menschheit nutzt und genutzt hat. Was mich zu der Frage bringt: Ist Wolle wirklich so empfindlich, wie es heute oft vermittelt wird?
Ich zeige dir hier eine Reihe von kleinen Tipps und einfachen Maßnahmen, um für deine handgemachten Strickteile aus Wolle richtig gut zu sorgen. Damit du lange Freude daran hast.
Darum geht es hier
1. Zwischendrin und nebenbei
Möglich, dass du diesen Satz schon gehört hast. Trotzdem noch mal ganz offiziell:
Lüften reicht oft vollkommen aus!
Ja, einfach das gute Stück an die frische Luft bringen! Je nach Gewicht und Größe hängend über einen Formbügel. Oder über einen Wäscheständer gelegt.
Was du dir zunutze machst: Die natürliche Selbstreinigung der Wollfaser, die Schmutz nicht gerne an sich ranlässt. Wenn du also überzeugt bist, deine Strickjacke oder Pullover müsste in die Wäsche, versuche es erst einmal mit Lüften.
Besonders pfiffig ist es, wenn du das Lüften mit Feuchtigkeit kombinierst. Dadurch richten sich platt gedrückten Fasern wieder auf und das ganze Strickteil wirkt „frischer“.
Du wirst auch feststellen, dass ein wenig Wasserdampf reicht, um Knitter zu entfernen. Nutze dafür eine noch feuchte Duschkabine (nach dem Duschen), nächtliches Lüften nach einem Regenschauer oder Aufdämpfen mit dem Bügeleisen.
Falls du dich fragst, wieso nachts:
Direkte Sonneneinstrahlung macht Wolle brüchig und lässt sie vergilben. Darum im Schatten oder nächtens an die frische Luft mit ihr.
Beim Schaf ist das nicht anders, nur bekommst du diese äußere, der Sonne ausgesetzte Wolle in deinem Strickgarn nicht zu sehen. Sie wird vorher entfernt.
Eine Einschränkung an dieser Stelle:
Wunder bewirkt Lüften nicht! Wenn du die Strickteile nah am Körper trägst (wie Socken oder Handschuhe) kommt auch Wolle an ihre Selbstreinigungs-Grenzen. Und wirkliche Flecken wirst du so leider auch nicht los. Mehr dazu später.
Tipps zum Waschen von verstrickter Wolle
In einem Satz zusammengefasst, gilt für das Waschen und Reinigen von Wolle:
„Weniger ist besser“.
Also, so selten wie möglich überhaupt waschen! Denn bei jeder Wäsche, egal ob von Hand oder in der Waschmaschine, werden die Wollfasern mechanisch beansprucht. Und das gilt auch fürs Wollwaschprogramm.
Früher waren die Menschen zurückhaltender mit dem Waschen, weil es viel mühsamer war. Heute sind es wenige Handgriffe und zack, landet das gute Stück in der Waschtrommel.
Denn diese Eigenschaft der Wolle mag Reibung nicht sonderlich: die haarige Schuppenstruktur an der Faseroberfläche. Diese Struktur hat zwar viel Gutes, aber wenn die Fasern gegeneinander gerieben werden, verfilzen sie.
Falls es dir, wie mir, schon mal passiert ist, weißt du: Es gibt kein Zurück. Aus der schönen Wollstrickjacke ist dann leider eine kugelsichere Puppenjacke geworden …
Es kann allerdings auch an zu viel oder dem falschen Waschmittel liegen. Bitte benutze spezielles Wollwaschmittel und möglichst wenig davon. Das ist gut für die Wolle und die Umwelt.
Noch einmal kurz das Thema Waschen zusammengefasst
- Möglichst selten
- Möglichst schonend (wenig Bewegung im nassen Zustand)
- Möglichst wenig Waschmittel
- Bügeln nur unter einem feuchten Baumwolltuch oder indirekt mit Dampf
Aufbewahren während der Tragesaison
Es macht einen Unterschied, ob ich von kurzfristigem und langfristigem Aufbewahren spreche.
Kurzfristig bedeutet innerhalb der Saison. Also, wenn du das Woll-Strickteil innerhalb weniger Wochen und Monate oft und regelmäßig trägst.
Langfristig bedeutet, dass die Strickteile gut verstaut die Zeit überdauern, in der du sie nicht trägst. Im Normalfall, weil es einfach zu warm ist.
Erst mal geht es um die kurzfristige Lagerung. Wahrscheinlich bewahrst du deine fertigen Strickprojekte nicht in einer Kiste oder Truhe auf, sondern in einem Schrank.
Das sehe ich zu meinem Leidwesen immer wieder: Aus Platzmangel wird dicht gestopft in einem Fach oder eng auf Kleiderbügeln hängend aufbewahrt.
Das Problem bei hängender Aufbewahrung ist, dass es einen ständigen Zug auf Schulter- und Ärmeleinsatz-Nähte gibt. Und auf jede einzelne Masche – die Schwerkraft lässt grüßen.
Ich empfehle dir, selbst Gestricktes liegend aufzubewahren. Auch hier gilt es, zu reduzieren und zu minimieren:
- Zusammenlegen mit möglichst wenig Faltungen
- Locker falten, nicht zusammendrücken
- Wenige Strickteile übereinander (keine „Monsterstapel“ bauen)
- Im Schrank Luftraum zwischen den Stapeln lassen
Empfehlen würde ich dir, in diesen Luftraum Zedernholz, Lavendelsäckchen oder ähnlich zu legen. Denn leider mögen Motten den menschlichen Geruch, der seltener Gewaschenem anhaftet. Darum vor dem Einräumen das Strickstück gut lüften!
2. Eine kleine Saison-Ende-Routine
Selbst die längste Tragesaison endet in unseren Breiten irgendwann. Und nun gibt es ein paar Sachen zu beachten, bevor du deine Wollpullis und -jacken wegräumst.
Mach eine kurze Kontrolle, ob du Flecken oder Beschädigungen entdecken kannst. Behandle die, falls du das nicht schon gemacht hast (siehe dazu „3. Im Notfall“).
Dann solltest du das Strickteil schonend waschen und trocknen. Ich beseitige zu diesem Zeitpunkt meist die hässlichen kleinen Knötchen, die sogenannten Pills. Und zwar so:
- Strickteil flach aufs Bügelbrett legen
- Stoff/Gestrick liegt einlagig
- Wenn das nicht geht, wie beim Ärmel, die Naht in die Mitte legen (nicht an die Kante)
- Mit der Dampfdüse am Bügeleisen in ca. 5–10 cm Abstand über dem Strickstück entlangfahren, dabei richten sich die Wollhärchen auf.
- Mit wenig Druck in Bahnen mit dem Pillingrasierer über das Gestrick fahren. Keine kreisenden Bewegungen und sanft, sonst erzeugst du gleich die nächste Pills-Generation!
- Dicke Pills mit einer feinen Schere abschneiden, nicht herausziehen!
Aufbewahren außerhalb der Tragesaison
Ähnlich wie deine Garne („Meine besten Tipps für die richtige Lagerung deiner Strickgarne“) solltest du auch deine Strickteile lagern.
- Kein direktes Sonnenlicht
- Luftdicht, um das Einstauben zu vermeiden
- Locker zusammengelegt
- Nicht „aus den Augen, aus dem Sinn“, sondern mit der Möglichkeit auf Zugriff!
Ich habe auch eine spezielle Entscheidungshilfe entwickelt, wenn du bei deinen Strickgarnen ausmisten möchtest. Du bekommst Zugriff darauf für 0€, als Newsletter-Abonnentin, als Teil meines Strickheldinnen DEPOTS. Wenn du noch keine Abonnentin bist, kannst du das hier ändern.
Warum solltest du auf deine „verstauten“ Wintersticksachen auch in der warmen Saison zugreifen können? Damit es sich das lästige Ungeziefer nicht zu schön kuschelig macht.
Zum Schutz vor Motten gibt es zuhauf natürliche Mittel, wie Lavendel, Zedernholz, Neem-Öl u. v. m. Meist ist es dabei ein ätherisches Öl, dass den Motten stinkt und sie deshalb fernhält. Leider verduften diese Öle nach einer Zeit und müssen wieder aufgefrischt oder ersetzt werden.
Ich empfehle dir, alle 4–6 Wochen eine kurze Schnupperkontrolle zu machen. Es ist auf jeden Fall einfacher und schneller, wenn du dadurch einen Befall vermeidest, als ihn bekämpfen zu müssen. Dazu komme ich noch in 3.
Übrigens:
Auch Mäuse und andere Tiere oder Tierchen mögen warme, kuschelige Wollpullis als Nest oder Schlafplatz. Selbst wenn sie keine Löcher hineinfressen, kämpfst du hinterher vielleicht mit einem Flohbefall. Also – unbedingt gut verschlossen aufbewahren!
3. Im Notfall
Natürlich solltest du nicht bis zum Saisonende warten, um Flecken aus deinem wolligen Strickteil zu entfernen. Mir ist es allerdings schon so gegangen, dass der Fleck wegen der Musterung nicht auffiel…Glück gehabt.
Im Normalfall wirst du es merken und sehen, dass es einen Flecken-Unfall gegeben hat. Ruhig Blut, aber möglichst zügig handeln.
Flecken behandeln
Generell bei Flecken, aber ganz besonders bei Wolle: lieber mehr Wasser und weniger Reibung (das bekannte „Verfilzungsproblem“)! Vor allem, weil viele Flecken wasserlöslich sind, macht diese Vorgehensweise Sinn.
Ich nutze Gallseife als sanften, aber potenten Fleckentferner. Sie verträgt sich hervorragend mit tierischen Fasern wie Wolle und Seide. Damit habe ich sogar schon Olivenöl aus einer Seidenbluse herausbekommen.
Allerdings ist es besser, du wäschst das Kleidungsstück komplett. Die Flecken davor mit Gallseife oder Wollwaschmittel vorbehandeln, sprich aufbringen und ein wenig (!) einarbeiten in die Maschen.
Ein reines „spot cleaning„, bei dem du nur die Flecken wäschst, empfehle ich nicht!
Der Grund:
Wenn lediglich der Bereich des Flecks nass gemacht wird, verteilt sich das Wasser durch den Kapillareffekt weiter über den trockenen Teil. Im Grunde vergrößerst du dadurch den Fleck.
Das ist nicht immer ein Problem und sichtbar. Lass aber auf jeden Fall bei hand-gefärbten Garnen Vorsicht walten!
Löcher und kleine Beschädigungen
Ja, das passiert ganz schnell. Irgendwo hängen geblieben und schon hat man ein kleines Loch oder eine Laufmasche im schönen, selbst gestrickten Wollpulli.
Auch hier möglichst zügig handeln. Aber nicht wie bei Laufmaschen in einer Nylonstrumpfhose mit Nagellack. Denn den bekommst du aus der Wolle nicht mehr ohne noch größeren Schaden entfernt.
Wenn du unterwegs bist, mit einer Sicherheitsnadel oder einer Nähnadel und -faden. Zu Hause am besten die Maschen mit einem offenen Maschenmarkierer oder mithilfe einer Häkelnadel einfangen.
Jetzt kann es hilfreich sein, wenn du ein wenig vom Originalgarn aufbewahrt hast!
Wenn das Loch klein ist, kannst du es mit ein paar Stichen im Maschenstich überdecken und gleichzeitig sichern. Die Stelle wirst du nur auf der Rückseite erkennen können, von vorn ist es so gut wie neu.
Falls es allerdings größere Löcher oder mehrere gleichzeitig sind, reicht diese Technik nicht mehr aus. Dann musst du erst mal den Rand des Loches „sichern“, um zu verhindern, dass es weiter wächst.
Ziehe dazu eine Stopfnadel (abgerundete Spitze) mit einem geeigneten Stopf- oder Wollgarn rundherum durch alle Maschenköpfe. Egal, wie krumm und quer diese auch liegen. Erst dann kannst du mit dem Stopfen beginnen.
Die Kunst des Stopfens erlebt gerade eine Renaissance. Es geht oftmals nicht mehr darum, möglich unauffällig zu stopfen. Im Gegenteil, es ist bunt und gemustert und, unter uns, wunderschön und kreativ.
Eine Technik, die sich zu lernen lohnt, vor allem für deine wertvollen, selbst gestrickten Kleidungsteile. Und nachhaltig ist es auch noch!
Dazu mein Tipp:
Hol dir Idee, indem du bei Pinterest ins Suchfeld „visible mending“ eingibst. Du wirst staunen.
Mottenbefall
Ich wiederhole mich, aber auch hier ist Eile geboten! Stellst du einen Befall von Motten in deinem Kleiderschrank, in der Wohnung oder in der Lagerbox der (gestrickten) Wollkleidung fest, solltest du keine Zeit verlieren.
Nimm die betroffenen Kleidungsstücke und behandle sie, wobei für reine Wolle beide Methoden funktionieren:
- Hitze: im Backofen bei 50-60 °C für 1 Stunde
- Kälte: im Gefrierschrank bei – 18 °C für 1 Woche
Die Motten dem grellen Sonnenlicht aussetzen, wird oft vorgeschlagen. Ich empfehle es aber wegen der Schädigung der Wolle nicht.
Außerdem muss die Umgebung des Befall ebenfalls gründlich gereinigt werden. Hier, beim Umweltbundesamt, findest du dazu nützliche und einfach umzusetzende Tipps.
Vermeide die chemischen Keulen, die man immer noch kaufen kann. Sie schaden nicht nur den Motten, sondern auch dir!
Fazit
Du siehst also, in den meisten Fällen ist gestrickte Wollkleidung pflegeleicht, im wahrsten Sinn des Wortes. Oft genügt lüften und aushängen, anstatt häufigem Waschen.
Auch sonst gilt bei der Pflege das Prinzip: „Weniger ist besser.“ Weniger Reibung, weniger Waschmittel, weniger Bügeln und weniger direktes Sonnenlicht. So hast du lange Freude an deinen selbst gestrickten Wollteilen.
Vergiss bitte nicht, den Mottenschutz regelmäßig zu kontrollieren und zu erneuern. Denn Mottenbefall ist leichter zu vermeiden als zu bekämpfen.
Marie meint
Danke, liebe Beatrix,
für Deine großartige Zusammenfassung aller Aspekte zur Pflege und Aufbewahrung der Kostbarkeiten aus Wolle!
Ich habe viel dazugelernt – und was die Lagerung betrifft, nach meiner soeben erfolgten Übersiedlung aus dem Ruhrpott nach Oberösterreich bei der Einrichtung des neuen Zuhauses für meine Strickteile (- und Wollvorräte -) gleich die besten Plätze reserviert! 😀
Deinen Blogbeitrag werde ich, was die Pflege der Stricksachen angeht, sicher noch öfters zu Rate ziehen! 🧐
Herzliche Grüße
Marie
Beatrix meint
Liebe Marie, ich hoffe du hast dich inzwischen gut eingelebt. Und es freut mich zu hören, dass du deine „Schätze“ so gut versorgst – das ist super 💗