Viele Strickerinnen sind auch sonst in ihrer Freizeit aktiv und kreativ. Sei es nun eine weitere Handarbeitstechnik wie Häkeln, Nähen oder Basteln. Oder sie mögen sommerliche Gartenarbeit, Kochen oder Backen.
Was all diesen Hobbys oder Beschäftigungen gemein ist:
Wir stellen her, produzieren oder erschaffen etwas, was vorher noch nicht da war. Für mich ist das gelebte Kreativität und Schaffensdrang. I love it!
Vor kurzem habe ich bei hochsommerlichen Außentemperaturen eine neue Leidenschaft entdeckt: Eis selbst machen. Und als ich meiner Schwester erzählte, was ich da so treibe, ist mir etwas aufgefallen!
Auf meinem Strickheldinnen-Blog oder im wöchentlichen Newsletter immer wieder erwähne und empfehle ich immer wieder eine Reihe von Dingen. Interessanterweise treffen ganz viele davon auch auf die Herstellung von Speiseeis zu.
Doch lass uns die Sache mal andersherum angehen. Was kann man umgekehrt fürs Stricken vom Eis selbst machen lernen?
Darum geht es hier
Die Qual der Wahl
Kennst du die Situation vor der Theke der Lieblings-Eisdiele? Es gibt deutlich mehr Sorten, die man gerne essen oder probieren möchten, als man managen kann. Sprich als man Magenvolumen oder Geld in der Geldbörse hat.
Und da man ja nicht unverrichteter Dinge abdrehen möchte, heißt das:
„Ich muss mich entscheiden. Nicht für alle Zeiten, sondern für jetzt.“
Ein ganz ähnliches Problem gibt es beim Stricken leider auch. Ein Überangebot, oftmals kann man regelrecht von einem visuellen Overkill sprechen. Viele verlockende Strick-Zeitschriften und Online-Anleitungen machen es uns schwer, eine Entscheidung zu treffen.
Und im Grunde ist auch die Lösung ähnlich. Sich nicht zu entscheiden, bringt dir keinen Vorteil. Dann hast du entweder kein Eis oder kein Strickprojekt, das du genießen kannst.
Wie gesagt, es ist eine Entscheidung für jetzt, nicht für immer.
Der eigene Geschmack
Beim Eis essen erscheint es uns logisch. Beim Stricken hingegen fällt es uns manchmal sehr schwer:
Dein eigener Geschmack entscheidet.
Ich kenne niemanden, der in der Eisdiele oder im Laden bewusst ein Eis auswählt, das er oder sie nicht mag. Oder eine Sorte wählt, um jemandem damit einen Gefallen zu tun! Das Pistazieneis kann noch so schön aussehen, aber ich werde es nicht kaufen oder essen, wenn ich weiß, dass ich Pistazien nicht mag.
Ähnlich sollte es beim Stricken auch sein. Leider lassen wir uns da allzu schnell abbringen oder verwirren.
Durch neue Garne, Farben oder Schnitte, die jetzt gerade Mode sind – uns aber eigentlich nicht stehen oder nur mittelmäßig gefallen. Aber sie sind einfach zu bekommen…
Häufig passiert es auch, dass eine gewisse Gruppendynamik in Strickgruppen (offline oder online) Strickerinnen dazu treibt, Projekte in Angriff zu nehmen, die ihnen nicht wirklich liegen. Ein aktuelles Beispiel: Pullover von oben nach unten und am Stück zu stricken.
Und so landet man dann bei Strickprojekten, die man einfach nicht fertigstellt. Es kommen einem Zweifel und man schmeißt hin.
Dabei ist dein eigener Geschmack dein Nordstern. „Mir schmeckt das“ oder „Mir gefällt das“ ist nicht verhandelbar.
Anstatt Modetrends zu folgen, kuratiere die Ideen, die dir über den Weg laufen. Entscheide, welche davon für dich funktionieren und welche nicht. Durch diesen Auswahlprozess machst du dich zum Anwalt für deinen eigenen Geschmack.
Ansprüche: die Bilder im Kopf
Was sind deine Bilder im Kopf, wenn du die „cremige Eissorte XY“ zum ersten Mal selbst machst? Erwartest du, dass das Ergebnis genauso wie auf dem Bild (im Kochbuch)?
Könnte sein, dass du damit schon eine Enttäuschung vorprogrammiert hast.
Leider ist das in vielem Fällen ein ziemlich unfairer Vergleich von Profi und Anfänger bzw. Fotostudio und Home Cooking. Und meist sagen Bilder nichts darüber aus, wie es schmeckt. Aber darauf kommt es letztendlich an!
Darum diese Fragen an dich:
- Was für ein Ergebnis erwartest du, vor allem wenn du etwas zum ersten Mal tust?
- Weißt du, dass es einen Unterschied gibt zwischen deiner Version und der Vorlage (bzw. der Anleitung)?
- Was machst du, damit du mit dieser Abweichung klarkommst?
Es geht hier darum, mit einem Rückschlag klarzukommen. Und der kann uns ereilen, trotz eifrigem und engagiertem Stricken. Also:
Lass diese Herausforderung, die du jetzt nicht so meisterst wie gedacht, dir die Lust und Laune aufs Stricken (oder Eis machen) nicht verderben!
Gute Basis: die Zutaten
Unterschätze nicht die durchschlagende Wirkung von guten Zutaten.
Beim Eis schmecken die meisten schnell den Unterschied zwischen echter Vanille und Vanillearoma (synthetisch). Oder zwischen fettarmer Milch und Vollmilch!
Zumal der Aufwand gleich bleibt – egal ob du billige oder teure Zutaten für die Herstellung (von Eis oder Strickteil) verwendest.
Aber:
Zwar kann dir der Preis als Indikator für die Qualität dienen, aber ganz so linear und einfach ist es nicht. Die beste Sahne ist nicht automatisch die teuerste…und bei Wolle ist es oft ebenso.
Deine Favoriten unter den Basics erkennst du also wahrscheinlich nicht auf den ersten Blick. Sondern du lernst sie beim Gebrauch bzw. Einsatz kennen und schätzen. Bleibe ihnen „treu“, das ist meine persönliche Empfehlung.
Ausstattung: was brauchst du wirklich?
Mein Geständnis: dafür bin ich leider sehr anfällig! Eis kannst du natürlich auch mit allereinfachster Ausstattung (Schüssel und Schneebesen) machen. Allerdings gibt es auch erstaunliche Eismaschinen, die dir Arbeit abnehmen können.
Kaum habe ich das Einsteigermodell, stelle ich fest, dass Modell Z noch sehr viel mehr kann und tolle Zusatzsachen hat, von denen ich nur träumen kann. Da heißt es: „Hart bleiben, auch wenn’s schwerfällt!“
Warum?
Gerade als Einsteiger weiß man noch nicht, wie viel und wie oft die neue Maschine/ das Turbo-Stricknadel-Set (fülle ein, was bei dir passt) im Einsatz sein wird. Ist es nur eine Sommerliebe oder entwickelt sich das ganze zu einem regelmäßigen Hobby?
Bist du diese Frage klar beantworten kannst, solltest du dich mit dem Kauf von Gerätschaften zurückhalten. Schlage nur bei Sachen zu, von denen du sicher weißt, dass du sie benötigst.
Aufbewahrung: ein Nachgedanke
Das ist mir erst vor ein paar Tagen zum Verhängnis geworden:
Eine neue Ladung Eis war fertig, aber leider kein leerer Behälter für die Aufbewahrung im Gefrierer. Also musste ich improvisieren und ärgere mich jetzt jedes Mal, weil diese Dose zu sperrig und miserabel zu öffnen ist
Genauso wichtig ist die Aufbewahrung deiner Strickgarne. Die sollte drei Kriterien erfüllen:
- Schutz vor UV- und Sonnenstrahlung (Killer für die meisten Farbstoffe)
- Schutz vor Staub und Schmutz (und statischer Aufladung)
- Schutz vor Schädlingen
In einem Satz:
Du solltest deine Garne (und später deine Strickteile) geschützt aufbewahren. Schließlich bist kein du Wollgeschäft, dass Wolle verkaufen will und sie darum gut sichtbar in offenen Regalen präsentiert.
Wenn du mehr zu diesem Thema erfahren möchtest, kannst du hier weiter lesen:
Diese Tipps für die richtige Lagerung deiner Strickgarne solltest du kennen
Präsentation ist alles!?
Ja und Nein.
Zugegeben, bei Selbstgemachtem wird dieser Punkt oft unterschätzt. Dabei sind es oft nur Kleinigkeiten, die das Finish perfekt machen würden. Ob’s nun die kontrastierende Soße, der Klecks Sahne oder das Sonnenschirmchen beim Eis sind. Oder die hübschen Knöpfe bei der selbst gestrickten Jacke.
Allerdings sind wir auch keine Profis, sei es beim Eis machen oder beim Stricken. Das bedeutet, es muss nicht wie im Laden, im Buch oder im Eiscafé aussehen, was wir servieren oder präsentieren.
Mein Tipp:
Schau dir deine Lieblingsmarken an und versuche, die besonderen kleinen Details zu finden. Sei es Farbe und Form des Etiketts, Kontrastfäden in den Säumen oder eine besonders hübsche Verpackung.
Was ist deine knappste Ressource?
Diese Frage kannst nur du für dich beantworten.
Beim Eis machen ist es für mich die Zeit, die ich für die Zubereitung zur Verfügung habe. Mehr als 1 Sorte alle 3-4 Tage ist da nicht drin.
Bei dir könnte es auch wenig freie Zeit sein, wie bei vielen meiner Leserinnen. Oder du hast nicht das Budget, alle deine Woll-Wünsche zu erfüllen. Vielleicht verordnet dir dein Körper immer wieder ungewollte Strick-Pausen.
Was es auch ist – lenke deinen Fokus darauf und handle entsprechend. Sich darüber zu ärgern, raubt dir nur Energie.
Ein Beispiel:
Du hast ein wenig Freizeit und bist eher ungeduldig. Also suchst du dir entsprechend schnell-fertigzustellende Projekte. Diese müssen weder einfach noch simpel sein.
Schau dir an, ob Mustereffekte schnell oder aufwendig zu erreichen sind. Es gibt Muster, die wie Zopfmuster wirken, für die du allerdings keine Zopfnadel brauchst. Dadurch bist du deutlich schneller. Auch viele rechts-links Muster sind rasch gestrickt.
Zeitrahmen, wieso?
Ich hatte es bei Ressourcen schon erwähnt, aber nun speziell zum Thema Zeit. Denn es ist die, von der wir alle genau gleich viel haben und die wir weder ausdehnen noch nachbekommen können.
Bitte mach dir bewusst, dass es umso besser klappt, je realistischer du mit dieser Ressource Zeit umgehst. Je genauer du weißt, wie lange du für eine Reihe, ein Vorderteil oder einen Socken brauchst.
Und noch eine Lektion vom Eis machen:
Vergiss nicht die Warte- und Pausenzeiten. Wie das Warten auf das Abkühlen der Eismasse, viele Stunden! Zugegeben, vielleicht ist Geduld eigentlich meine knappste Ressource…
Baue dir (Zeit-)Puffer ein für dein Strickprojekt. Freie Abende, Wochenenden und ausreichende Nachtruhe. Ich kenne das gut! Vor lauter Eifer strickt man über den abendlichen Totpunkt hinaus und wundert sich dann, warum man „so komische“ Fehler macht.
Neues wagen
Dieser Punkt kann schmerzen. Denn längst nicht jede coole Eissorte ist für den Anfänger-Gelatiere geeignet. Viele Zwischenschritte, empfindliches wie Eigelb oder spezielle Zutaten können mehr Frust als Lust verursachen.
Klar, ohne sich zu pushen, macht man immer nur das Gleiche. Egal, ob es beim Eis machen oder beim Stricken ist. Und das wird irgendwann langweilig. Es kann einen richtiggehend unzufrieden machen.
Ist doch so:
Ein nettes, kleines (oder großes) Erfolgserlebnis trägt natürlich. Der Lernerfolg bestätigt dich und dein Tun. Da darfst, ja da sollst du stolz drauf sein!
Aber vergiss bitte die Wiederholungs- und Übungsphasen nicht. Die wenigsten von uns habe eine neue Technik mit einem Durchgang verinnerlicht und sind sich sicher beim erneuten Einsatz. Dein Hirn braucht Wiederholungen für die richtige Verschaltung.
Darum empfehle ich dir:
Baue zwischen den neuen Wagnissen immer auch Zeit, Platz und Muße für die Strickprojekte ein, die bereits „wie von selbst“ funktionieren und deshalb Erfolgsgaranten sind.
Beim Eis machen ist das in meinem Fall Schokoladeneis. Es ist easy zu machen, schmeckt uns allen und ist superlecker. Dazwischen experimentiere ich dann mit Eissorten bzw. Zutaten wie Kaffee, Zimt, Limetten oder Melone.
Zusammenfassung
Warum sollte man nicht von anderen Hobbies für’s Stricken lernen können? Deine Kreativität, wie du deine Ressourcen nutzt oder wie du einen langen Atem beweist, kannst du beim Eis selbst machen oder Stricken üben.
Wichtig sind, dass du immer wieder Wunsch und Wirklichkeit abgleichst. Sei das nun beim Zeitbedarf, dem Aufwand oder wie das fertige Projekt aussehen soll/ kann/ muss.
Und vor allem: Vertraue auf deinen eigenen Geschmack!
Claudia Salz meint
Hallo Beatrix,
das ist ein gut geschriebener Blogartikel und in vielen Passagen finde ich mich wieder.
Zum Thema Kuratieren möchte ich gerne einen Impuls geben: Wer seine Farben, Muster und Stoff-/Wollqualitäten kennt, die ihr/ihm am besten schmeicheln, der ist schon einen Riesenschritt voraus. Ich selbst habe mir hierzu Unterstützung von Außen eingeholt und bin nun (erfolgreich) in der Lage, nicht jedem Trend zu verfallen.
Freue mich auf unseren Austausch in der FB-Gruppe und via Zoom.
Liebe Grüße vom Niederrhein
Claudia
Beatrix meint
Liebe Claudia, eine sehr clevere Idee, sich Unterstützung in dieser Frage zu holen, was einem steht.🤩 Nach vielen Jahren in der Textil- und Modebranche ist mir etwas klar geworden: der sogenannte „gute Geschmack“ (nicht der beim Essen) ist einem nicht von Geburt gegeben. Sondern erlernt durch Imitieren, Inspirationen aufnehmen, sich informieren und vor allem: sich mit Farben, Mustern und Stoffen zu beschäftigen. Die Leute, die das tagtäglich tun, haben schon aufgrund des dauernden Kontakts mit Materialien eine riesengroße Lernplattform. Und manchmal machen auch diese Profis „Fehler“. Ich freu mich auch auf unseren Austausch und hoffe, dir geht’s gut! Liebe Grüße von Beatrix
Sibylle meint
Sehr guter Artikel, die Vergleiche find ich spannend 🧐
Freu mich auf unseren nächsten Treff🤗😘
Beatrix meint
Liebe Sibylle, danke für deinen Kommentar. Hat sich von den Vergleichen einer für dich besonders nachvollziehbar angefühlt? Das würde mich sehr interessieren. Viele liebe Grüße von Beatrix
made with Blümchen meint
Ich finde deine Parallelen zwischen dem Eis machen und dem Stricken sehr gelungen. Eine witzige Perspektive! Auf das Kaffe-Eis bin ich gespannt, das werde ich bald ausprobieren! Liebe Grüße, Gabi
Beatrix meint
Liebe Gabi, ich bin gespannt auf dein Feedback zum Eis. Du hast doch bestimmt auch ein Hobby, dass sich für derlei Vergleiche eignet? Segeln vielleicht? Viele liebe Grüße, Beatrix