Wenn du schon einmal ein rundgestricktes Projekt begonnen hast, kennst du vielleicht das frustrierende Problem der unerwünschten Löcher. Löcher, die eigentlich keine sind.
Nicht Strickfehler, verlorene oder fallen gelassenen Maschen. Sondern Maschen, die aus der Reihe tanzen, weil sie viel größer, krumm und schief sind. Obwohl du sie nicht absichtlich locker gestrickt hast. Vielleicht warst du sogar der Meinung, dass du besonders sorgfältig und eng gestrickt hast?
Ein Teil des Problems können wir hier nicht lösen, denn es gibt keine Nähte, die das Strickstück in Form halten … und das war wahrscheinlich auch der Grund, warum du zu dieser Technik gegriffen hast, nicht wahr?
Aber keine Sorge, ich habe 5 hilfreiche Tipps für dich, um dieses lästige Problem zu vermeiden. Egal, ob du Anfänger:in oder erfahrene:r Stricker:in bist, wirst du dann besser in der Lage sein, schöne und gleichmäßige rundgestrickte Projekte zu kreieren.
Also, dann lass uns damit starten, das Garn fürs Strickprojekt genauer unter die Lupe zu nehmen.
Darum geht es hier
Garn – Freund oder Feind
Einige Garneigenschaften helfen dir dabei, diese „Löcher“ zu vermeiden.
Wir wollen uns zuerst mit der Optik des Garns befassen. Obwohl die Farbe des Garns dir wichtig erscheint, hat sie in diesem Fall nur eine untergeordnete Rolle.
Es handelt sich um einen optischen Trick, der die gestrickte Fläche dichter oder geschlossener erscheinen lässt, als sie tatsächlich ist. Gemeint ist die sogenannte Fülligkeit des Fadens, auch Bausch oder Loft genannt.
Dieser Bausch hängt ziemlich stark vom Material ab. Leinen ist nicht so gut geeignet für eine vollflächige Füllung, weil es so steif ist und sich nicht aufplustert.
Bei Mohair hingegen sorgen die vielen abstehenden Fasern dafür, dass die Maschen gut abgedeckt sind – auch wenn es bei manchen leuchtenden Farben nicht so aussieht.
Vielleicht ist dir eine andere Garneigenschaft auch schon über den Weg gelaufen: die Drehung. Also, wie stark ist der Faden / die Fäden miteinander verdreht.
Rein theoretisch könnte man einzelne Fäden fast beliebig stark beim Spinnen verdrehen. In der Realität passt man es aber an. Und zwar, um einerseits weiche, bauschige Garne und andererseits sehr glatte, feste Garne zu bekommen.

Klar, dass es dadurch Unterschiede in der Abdeckung gibt. Das haarigere Woll-Dochtgarn (links) wird bei gleicher Nadelstärke mehr verdecken als die Superwash Merinowolle (rechts).
So weit, so gut.
Doch noch eine andere Garneigenschaft kann für oder gegen uns arbeiten. Vielleicht merkst du es noch nicht während des Strickens. Aber spätestens, wenn du den neuen Pullover ein paar Stunden getragen hast, macht sie sich bemerkbar.
Ich rede von der Elastizität. Je nachdem, aus welchem Material und wie das Garn versponnen wurde, kann es da Riesenunterschiede geben.
Die Frage ist: wie stark lässt sich das Garn dehnen und auseinanderziehen? Und wie schnell geht es zurück in die Ausgangsposition?
Die Antwort: je schneller, umso besser. Denn dann gleichen sich unterschiedliche Spannungen im Gestrick aus. D. h. die oben beschriebenen Löcher entstehen erst gar nicht oder sie verschwinden wieder.
Du kannst das testen, indem du Garn bzw. Maschenprobe mal herzhaft auseinanderziehst. Dann beobachte, wie schnell es in die Ausgangslänge und -breite zurückkehrt. Aber unbedingt zuerst ausmessen, dann ziehen!
Warum das wichtig ist?
In vielen Fällen entstehen Löcher genau an den Stellen, die beim Tragen des Strickstücks besonders beansprucht werden.
Ganz „klassisch“ sind z. Bsp. Fersenbereiche bei Socken oder der Achsel- und Unterarmbereich bei Pullovern. Und da macht ein unelastisches Garn alles noch schlimmer!
1. Tipp
Erleichtere dir das Leben und bevorzuge Garne, die gute Elastizität haben und schön füllig sind.
Ein anderer Aspekt, den du nicht so einfach ändern kannst, aber im Auge behalten solltest, ist das Gesamtgewicht. Denn generell gilt: je schwerer das Strickprojekt, umso eher kommt es zur Lochbildung.
Die Maschen bilden an sich keine rigide Struktur – anders als bei einem gewebten Stoff. Sondern jede Masche hängt an ihren Nachbarmaschen, diese wiederum an ihren Nachbarmaschen … Wird der Zug auf einzelne Maschen zu groß (durch zu viel Gewicht) werden sie länger und zugleich dünner.
Du kannst dir das ähnlich wie bei einem Gummiband vorstellen.
Und je dünner die Maschen werden, umso eher kann man an ihnen vorbeischauen. Wo vorher kein Loch war, ist auf einmal eins „entstanden“!
Maschenspielertricks
Eine der besten Methoden, um nicht zu sagen eine Geheimwaffe, ist das verschränkte Stricken
Was bedeutet das? Die auf der linken Nadel liegende Masche wird verdreht (verschränkt) abgestrickt.
Durch das Verdrehen verkürzt sich die Maschenschlaufe in ihrer Länge. Die Masche selbst wird dadurch kleiner und stabiler. Darum reagiert sie auch nicht mehr so stark auf Zugkräfte der Nachbarmaschen.
Warum stricken wir dann nicht immer so?
Weil verschränkte Maschen anders aussehen, mehr Garn verbrauchen und eben leider nicht so elastisch sind wie ihr unverschränktes Gegenstück.
Verschränkt Maschen abstricken
Vorbeugend kannst du Maschen verschränkt abstricken, um zu vermeiden, dass sie sich auseinanderziehen. Wegen der anderen Optik der Maschen solltest du das nur in Bereichen tun, die nicht so auffallen.
Zuverlässig funktioniert das im Bereich von Achsel, am Übergang zu den Ärmeln. An dieser Stelle ist es auch sinnvoll, denn hier kommt einiges an Belastung auf die Maschen, wenn wir die Arme bewegen.
Verschränkte Maschen können an der Unterseite der Ärmel oder am Übergang von Vorder- zu Rückenteil gut versteckt werden. Bei Socken ist das hauptsächlich im Fersen- und Spickelbereich sinnvoll.

Übrigens:
Es spricht nichts dagegen, verschränktes Abstricken über mehrere Maschen nebeneinander und über einige Runden nacheinander zu machen. Ich empfehle, den Bereich nicht größer als 1,5 cm breit oder hoch werden zu lassen.
Verschränkt Maschen zunehmen
Oft steht in einer Anleitung nur: nimm X Maschen zu. Nun kann man diese Zunahmen auf verschiedene Art und Weise machen, aber am häufigsten nutzt man dazu den Querfaden zwischen zwei Maschen.
Eigentlich ist dieser Querfaden der Übergang zwischen zwei Maschen aus der Vorreihe. Nimmst du den jedoch einfach auf die Nadel und strickst ihn ab, ziehst du damit diese zwei Maschen aus ihrer Position und dort entsteht ein Loch.
Wenn du den Querfaden erst verdrehst und dann abstrickst, ziehst du dieses Loch sozusagen zusammen. Problem gebannt!
Allerdings noch ein paar Worte zur Warnung:
Die Maschenschlaufe der zugenommenen Masche hat eine leichte Neigung. Je nachdem, ob du dir Masche rechts verschränkt oder links verschränkt zunimmst. Achte also darauf, dass du das Zunehmen immer gleich oder paarweise wie z. Bsp. bei Schulternähten machst.
2. Tipp
Nutze die Technik, Maschen verschränkt zu stricken, um Löchern vorzubeugen.
Nicht ohne Grund habe ich dieses Kapitel Maschenspielertricks genannt, hier kommt noch einer. Denn es ist erlaubt, gut zu tricksen!
Heimliche Zunahmen und Abnahmen
Lass uns mal die Anleitung zur Seite legen, wenn auch nur für den Moment. Der Designer oder die Designerin werden natürlich versuchen, den Text so einfach und unkompliziert wie möglich zu halten.
Anscheinend „überflüssige“ Zunahmen, die dann wieder abgenommen werden, machen wenig Sinn für die Person, die der Anleitung folgen möchte.
Aber auch wenn es unüblich ist, kann es dennoch sinnvoll sein. Vor allem in Bereichen, auf die viele Zugkräfte wirken – wie Achsel oder Ferse (bei Socken).
Der „Trick“ ist, diese Maschen möglichst gleichmäßig erst zu- und später wieder abzunehmen. Also symmetrisch und über mehrere Maschen und Runden verteilt. Dabei entsteht zusätzliche Fläche, die aber nur minimal ist.
Das Prinzip eines kleinen zusätzlichen Stoffstücks an viel belasteter Stelle findet man in der Bekleidungsherstellung auch anderswo. Man redet oft von Spickel oder Zwickel – du kennst das vielleicht von Damenstrumpfhosen oder Socken.
Die zusätzlichen Maschen sorgen dafür, dass die wirkende Kraft besser verteilt wird. Dadurch wird jede einzelne Masche weniger belastet, genauer gesagt hin und her gezogen. Dies begrenzt die Gefahr, dass genau dort Löcher entstehen.
3. Tipp
Arbeite einen kleinen Spickel ein, um zusätzlich die Belastung der Maschen zu verringern.
Vorausschauend stricken
Wissen und Verstehen sind die wichtigsten Faktoren, die dir dabei helfen, weniger Löcher zu produzieren.
Wissen, was du tun kannst, um Löcher zu vermeiden.
Sicherlich bist auch du eine erfahrene Pullover-Trägerin (ich sage absichtlich nicht -Strickerin). Schau dir bei deinen getragenen Pullovern an, wo die Abnutzung und die ausgeleierten Maschen am stärksten sind.
Es gibt zwar die üblichen „Verdächtigen“, wie Bündchen, Nähte und Achseln. Aber jeder Mensch trägt und zieht seine Pullover anders an und aus. Wenn du weißt, welche Stellen bei deinen Pullovern betroffen sind, kann dir das für die selbst gestrickten Modelle hilfreich sein.
Um den 3. Tipp anzuwenden, muss du nämlich wissen, wo du diesen zusätzlichen Spickel überhaupt einstricken solltest.
Ich bin mir sicher, die berühmten Gansey Fischerpullover wurden nicht aus Jux und Tollerei mit Achselspickeln gestrickt. Sondern man stellte fest, dass es bei der Arbeit immer wieder an diesen Stellen zu Löchern und Ausleiern kam.
Und anstatt dauernd zu flicken und zu verstärken, baute man die Spickel von vornherein ein. Very clever!
Es ist wichtig, zu verstehen, welche Kräfte bei rundgestrickten Sachen auf die Maschen wirken. Denn diese Kräfte wirken keineswegs gleichmäßig und leider auch nicht immer schön nur in eine Richtung.
Du kannst bereits während des Strickens beobachten, wie und wo diese Kräfte am Werk sind. Oder auch, wie gerade beschrieben, bei deinen bereits getragenen Pullovern (und Socken).
Worauf du dich am besten von vornherein einstellst:
- Kritische Bereiche am Gestrick müssen gesichert werden
- Nur wenige Anleitungen können darauf eingehen, weil Probleme nicht beim Stricken, sondern beim Tragen entstehen
- Wenn du diesen zusätzlichen Aufwand nicht betreiben magst, dann akzeptiere, dass diese Spannungs-Löcher entstehen
4. Tipp
Nur das, was man kennt und versteht, kann vermieden werden. Darum stricke vorausschauend.
Ich verstehe, wenn du dich bei diesen (zugegeben etwas aufwendigen) Tipps nun ein wenig überfordert fühlst. Möglicherweise denkt du, dass sich dieser Aufwand nicht lohnt.
Es gibt alternativ die Möglichkeit, diese Löcher erst zu schließen, wenn das Strickprojekt fertig ist. Dabei wirken eine Stopf- oder Sticknadel und das Original-Garn wie Zaubermittel.
Der Vorteil ist, dass man nur die Stellen „behandelt“, an denen tatsächlich Löcher bzw. ausgedehnte Maschen entstanden sind. Damit minimiert man seinen Aufwand.
Denn trotz Wissen und Verstehen sind rundgestrickte Pullover eine äußerst komplexe Gleichung mit vielen Variablen.
Manchmal verhindert eine Mehrfarben-Musterung oder ein besonders geeignetes Garn, dass Löcher entstehen, wo sie sonst auftreten. Oder der Schnitt ist so, dass wir genügend Bewegungsfreiheit haben. Oder bei einem Lochmuster verschwinden diese Löcher in der Gesamtoptik.
Ich stelle dir hier diese Technik vor. Das Video stammt aus meinem Sockenkurs, denn häufig treten die Löcher Fersenbereich auf.
Das Prinzip funktioniert aber auch an anderer Stelle. Im ersten Schritt sicherst du die Löcher, im zweiten schließt du sie. Das Ganze ist mit wenig Aufwand verbunden und auch machbar, wenn das Teil schon getragen ist.
5. Tipp
Löcher können oft problemlos auch noch nachträglich geschlossen werden, mit Nadel und Faden.
Und damit kommen wir zum Schluss.
Fazit
Bei rundgestrickten Projekten entstehen Löcher nicht durch verlorene oder fallen gelassene Maschen. Vielmehr sind sie ein Problem, dass durch die Technik entsteht, während des Strickens einen Teil der Maschen in eine andere Richtung weiterzuführen.
Bei Pullovern beispielsweise entstehen im beim Aufteilen der Gesamtmaschen auf Ärmel und Korpus viele Zugkräfte auf Garn und Maschen in diesem Bereich.
Gut, dass du diese Stellschrauben nutzen kannst:
- Wähle ein passendes Garn, achte dabei auf die Elastizität
- Setze die Verschränkt-Stricken-Technik ein, um die Maschengröße an den entscheidenden Stellen zu verkleinern
- Behalte die Problemzonen beim Stricken in Runden im Auge – du kannst sie nicht durch „enger stricken“ vermeiden
- Nutze dein Wissen, um Löchern vorzubeugen
- Falls das alles nicht geklappt hat, können Löcher auch noch nachträglich geschlossen werden
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